Nationalpark Hohe Tauern

Greifvogelmonitoring
Die Könige der Lüfte

Enorme Flügelspannweiten und ein majestätisch wirkender Segelflug machen Steinadler, Bartgeier, Gänsegeier und Mönchsgeier zu den imposantesten Tierarten der Alpen. Ihre Flugweise, Sehkraft und die Fähigkeit den oft unwirtlichen Bedingungen des Hochgebirges zu trotzen haben den Menschen schon immer fasziniert.


In Bezug auf große Greifvogelarten wie Bartgeier, Gänse- und Mönchsgeier sowie dem Stein-adler nimmt der Nationalpark Hohe Tauern eine besondere Stellung in Österreich ein. So bildet das größte Schutzgebiet der Alpen eine neue Heimat für lokal ausgestorbene oder einst ausgerottete Arten. Im Jahr 1986 wurden im Krumltal (Rauris) die ersten Bartgeier im Zuge des alpenweiten Wiederansiedlungsprojekt ausgewildert. Die erste erfolgreiche Brut eines österreichischen Bartgeier-Paares konnte 2010 im Krumltal festgestellt werden. Während der Sommermonate halten sich in den Hohen Tauern zahlreiche Gänsegeier auf und seit 2013 können im Schutzgebiet vereinzelt auch Mönchsgeier beobachtet werden.
Darüber hinaus stellen die Hohen Tauern innerhalb der österreichischen Alpen einen wichtigen Kernlebensraum für Steinadler dar. Hier brüten derzeit rund 40 Steinadlerpaare. Damit leben in den Hohen Tauern rund 15 Prozent des österreichischen Gesamtbestandes an Steinadlern. Gemeinsam für die Großgreife werden Monitoringmaßnahmen abgestimmt auf jede dieser Arten umgesetzt.
Sie haben einen Bartgeier in der Natur beobachtet? Dann melden Sie uns dies bitte an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Notieren Sie nach Möglichkeit:
- Beobachtungsort
- Flugrichtung
- Beobachtungsdatum
- Uhrzeit 
- Dauer der Beobachtung 
- individuelle Merkmale des Vogels (Färbung des Kopf- und Brustgefieders, Markierungen wie gebleichte Federn oder Beringung, Mauserlücken)


Bartgeier

Falsche Verdächtigungen, Lügen und Schauermärchen führten zu Beginn des 20. Jahr-hunderts zur Ausrottung des Bartgeiers. Die ersten Freilassungen im Jahr 1986 bildeten im Krumltal den Beginn der Wiederansiedlung des Bartgeiers (Gypaetus barbatus) in den Alpen. Durch Kooperationen aus Zuchtnetzwerken (Zoos und Zuchtstationen), Artenschutz-organisationen und Schutzgebieten konnten im gesamten Alpenraum insgesamt 251 Jung-geier freigelassen werden (2023). Seit der ersten erfolgreichen Freilandbrut im Jahr 1997 (Frankreich) sind im Alpenraum bisher 522 wildgeschlüpfte Jungvögel ausgeflogen.
Der alpenweite Bestand wird derzeit auf ca. 350 Bartgeiern geschätzt.

Trotz der sehr gut etablierten Population in den Zentralalpen wächst die Population in den Ostalpen und in den Südwestalpen nur langsam. In Österreich haben sich bisher zwölf Brutpaare etabliert, von denen sechs Paare in den Hohen Tauern leben und weitere sechs Paare auf die Ötz- und Lechtaler Alpen entfallen (2024).
Im Rahmen des jährlich durchgeführten Horstmonitorings konnten in Österreich zwischen 2010 und 2024 bisher 37 erfolgreiche Freilandbruten festgestellt werden. Aus den Daten geht hervor, dass die Anzahl der Bruterfolge inzwischen langsam steigt, was vor allem auf die wachsende Zahl der geschlechtsreifen Brutpaare zurückzuführen ist. Die Stärkung der ostalpinen Metapopulation als wichtiger „Trittstein“ nach Südosteuropa bildet eines der wichtigsten Projektziele.

Trotz wachsender Population bedrohen den Bartgeier noch immer zahlreiche Gefährdungs-ursachen. Die Bleivergiftung bildet dabei mit Abstand die größte Bedrohung. Eine länder-übergreifende Lösung durch das Verbot bleihaltiger Munition hat höchste Priorität im alpen-weiten Projekt. Neben der Vergiftung stellen auch Kollisionen mit Windkraftanlagen sowie tiefhängenden Stahlseilen eine große Gefährdung dar, welche es in weiterführenden Projekten zu beseitigen gilt.
Die Festigung der ostalpinen Population und den damit einhergehenden Maßnahmen bildet daher das übergeordnete Ziel, um eine ohne menschliche Hilfe überlebende Bartgeier-population in den Alpen und in Europa zu etablieren.

Infoblatt Bartgeier

Projektinfo (PDF) Bartgeier Online


Gänsegeier und Mönchsgeier

Die Hohen Tauern sind das einzige Gebiet in Österreich, welches im Sommer regelmäßig von wildlebenden Gänsegeier (Gyps fulvus) beflogen wird. Bei den auch als „Weißkopfgeier“ bezeichneten Vögeln handelt es sich nicht um brütende Vögel, sondern um Jungvögel und Nichtbrüter aus den Brutgebieten von Friaul (I) und der nordwestlichen Balkanhalbinsel. Aus den Monitoringdaten geht hervor, dass jährlich 100 bis 120 Gänsegeier in den Hohen Tauern übersommern. Mit Beginn der Almsaison fliegen die ersten Gänsegeier auf der Suche nach Aas verendeter Haus- und Wildtiere ein. Aufgrund der hohen Anzahl durch Unwetter, Absturz, Krankheiten, Wintereinbrüchen aber auch vereinzelt durch Beutegreifer verendeter Wild- und Nutztiere besteht für die Gänsegeier in den Hohen Tauern meist ein ausreichendes Nahrungsangebot. Je nach Nahrungssituation wechseln die Geier auch kurzfristig zwischen Brutgebieten und Übersommerungsgebiet hin und her. Im Rahmen eines Nationalpark-projekts wurden sechs Gänsegeier in der Geierstation Lago di Cornino mit GPS-Sendern ausgestattet. Die GPS-Daten sowie die Dokumentation der Beobachtungen von beringten Vögeln aus Südost- und Südwesteuropa verdeutlichen die hohe Mobilität dieser imposanten Geierart und deren weiträumigen Vernetzung.
Im Jahr 2013 verbrachten drei Mönchsgeier (Aegypius monachus) den Sommer in den Hohen Tauern. Seither können während des Sommers immer wieder auch Mönchsgeier im Schutzgebiet beobachtet werden. Aus den Daten besenderter und beringter Vögel geht hervor, dass die seltenen Gäste oft in Gesellschaft von Gänsegeiern aus Südosteuropa aber auch aus Westeuropa in die Hohen Tauern einfliegen.

Gänsegeier Online


Steinadler

Der Steinadler (Aquilo chryseatos) gilt als Wappentier der Alpen und ist ein Symbol für die Freiheit, Unberührtheit und Intaktheit der Lebensräume/Regionen. Die Hohen Tauern stellen innerhalb der österreichischen Alpen einen wichtigen Kernlebensraum für Steinadler dar. Hier brüten 42 - 43 Paare. Damit leben in den Hohen Tauern rund 15 Prozent des österreichischen Steinadler-Gesamtbestandes.

Von 2003 bis 2005 wurde im Rahmen des länderübergreifenden Projektes Interreg III-A „Der Steinadler in den Ostalpen“ der Steinadlerbestand in den Hohen Tauern erhoben. Seit 2011 werden diese Bestandsaufnahmen durch den Nationalpark fast ausschließlich von Nationalparkpersonal (Ranger und Berufsjäger) unter Einbindung anderer Personen, meist aus den Bereichen Jagd und Forst mit dem Ziel Bestandstrends zu erkennen und den Reproduktionserfolg zu ermitteln, eigenständig weitergeführt.

Grundsätzlich ist der Steinadlerbestand in den Hohen Tauern derzeit stabil. Durchschnittlich kann von 15,7 Jungadlern pro Jahr ausgegangen werden, das entspricht einem Reproduktionserfolg von 0,46. Diese Werte entsprechen den Erfahrungswerten aus den Alpen. Die allgemein bei den Steinadlern geringen Zuwachsraten in Verbindung mit der hohen Jugendsterblichkeit von 65 % zwischen dem Flügge werden und dem Erreichen der Geschlechtsreife und dem somit nicht zu unterschätzenden Ausfall an Jungadlern in den ersten Jahren zeigen aber, dass auch stabile Populationen schnell kippen können, wenn negative Faktoren aller Art verstärkt Einfluss nehmen zu beginnen.

Interessant könnten allerdings die nächsten Jahre werden, da Steinadler in dieser Region gegen Ende März/April zu brüten beginnen und sich die Frage stellt, ob sich langfristig eventuell klimatische Veränderungen auf diese Wildart auswirken.


Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit

Maßnahmen im Bereich der Umweltbildung und Sensibilisierung für die „Könige der Lüfte“ bildet eine Kernaufgabe im Greifvogelprojekt des Nationalparks Hohe Tauern. Ein Schwer-punkt liegt dabei in der Betreuung des freiwilligen Netzwerkes aus Beobachter:innen und spezieller Zielgruppen (Jäger:innen, Bergsteiger:innen, Vogelkundler:innen etc.).
Der Greifvogel-Newsletter kann direkt auf der Website des Nationalparks Hohe Tauern abonniert werden und versorgt Interessierte mit Neuigkeiten aus dem Projekt.
Auf verschiedenen Kanälen wie Facebook, Instagram oder der Nationalpark-Website finden sich immer wieder spannende und aktuelle Berichte oder Bilder über die „Könige der Lüfte“. Um Arten wie den Bartgeier effektiv zu schützen, ist es wichtig, dass Schutzgebiete, Forscher:innen sowie Zoos und Zuchtstationen international eng zusammenarbeiten. Daher nimmt der Nationalpark Hohe Tauern an den „International Bearded Vulture Meetings“ teil, deren Ziele darin bestehen unterschiedliche Schutzmaßnahmen zu koordinieren sowie neueste Erkenntnisse aus der Forschung zu präsentieren.
Zudem nimmt der Nationalpark Hohe Tauern regelmäßig an der internationalen Vogelmesse „Bird Expierence“ teil. Des Weiteren erfolgen regelmäßig Einschaltungen in Medien sowie zielgruppenspezifische Bildungs- und Öffentlichkeitsmaßnahmen.
Im Rahmen der Bildungsangebote des Nationalparks werden Exkursionen mit Greifvogelbezug in allen drei Nationalparkteilen angeboten, Ranger:innen und Praktikant:innen informieren Nationalparkgäste vor Ort über die „Könige der Lüfte“.