Zum „Jahr der Isel“ der Landesumweltanwaltschaft Tirol bietet das Nationalparkhaus Matrei diesen Sommer in einer Sonderausstellung nicht nur einen naturkundlichen Blick auf die Isel, sondern im Rahmen der Kunstausstellung „Isel – Aquarelle und Radierungen“ mit Werken von Hannelore Nenning auch einen künstlerischen Blick auf die Schönheit der Isel und ihrer Umgebung.
Im Rahmen der Eröffnung der Doppelausstellung zum „Jahr der Isel“ im Nationalparkhaus Matrei standen neben naturkundlichen Einblicken zur Isel auch der künstlerische Blick auf den letzten frei fließenden Gletscherfluss im Fokus. Neben der naturkundlichen Sonderausstellung „Die Isel – Osttirols mächtiger Gletscherfluss“ bietet die Kunstausstellung „Isel – Aquarelle und Radierungen“ mit Werken der bekannten Osttiroler Künstlerin Hannelore Nenning eine präzise künstlerische Naturbeobachtung der Schönheit der Isel und ihrer Umgebung. Hannelore Nenning hat ihr Leben dem Natur- und Umweltschutz gewidmet und die Kunst als Instrument für den Naturschutz auch aktivistisch eingesetzt – durch detailreiche Fluss- und Bachdarstellungen macht sie auf die Gefährdung durch Stauseen oder Kraftwerke aufmerksam. Die vielfach ausgezeichnete Künstlerin – u.a. mit dem Tiroler Umweltpreis und internationalen Aquarellpreisen – widmet zahlreiche ihrer Werke Fließgewässern wie der Isel oder dem Lech.
„Ich danke Hannelore Nenning für ihren Einsatz für den Nationalpark Hohe Tauern und die Isel, ihre wertvolle Darstellung und damit auch ‚künstlerische Konservierung‘ der Tiroler Naturschätze. Als Naturschutzlandesrat freut es mich, dass auch Gewässer in anderen Tiroler Schutzgebieten wie dem Naturpark Tiroler Lech im künstlerischen Fokus von Hannelore Nenning liegen und sie damit ein künstlerisch-aktivistisches Zeichen für den Wert dieser naturbelassenen Landschaften setzt“, so Landesrat René Zumtobel im Rahmen der Eröffnung.
Der naturkundliche Teil der aktuellen Sonderausstellung beleuchtet die beeindruckende Vielfalt der Isel – einem Fluss, der im Herzen Osttirols über alle Jahreszeiten und Höhenstufen hinweg seine Gestalt vom Ursprung im Nationalpark Hohe Tauern bis in die Bezirkshauptstadt Lienz wandelt. Doch nicht nur ihr Erscheinungsbild ist vielseitig – auch die Tier- und Pflanzenwelt in und an der Isel ist außergewöhnlich reich. Neben der bekannten Deutschen Tamariske lassen sich zahlreiche weitere, oft übersehene Arten entdecken, die den Fluss zu einem wertvollen Naturraum machen. Die Ausstellung thematisiert auch die vielschichtige Beziehung zwischen Mensch und Fluss: Von den prägenden Hochwassern der 1960er-Jahre bis hin zu aktuellen Diskussionen rund um Energiegewinnung und Naturschutz. Die Isel ist nicht zuletzt ein Ort der Erholung, ein Naturjuwel und Freizeitparadies – ihre facettenreiche Bedeutung macht sie zum Herzstück der Region und zum zentralen Thema dieser Ausstellung.
Zur Künstlerin:
Hannelore Nenning (geb. 1947 in Lienz) – Studium Bildende Kunst und Grafik in Wien
https://www.hannelore-nenning.at/
Laudatio von DI Christine Brugger zu Hannelore Nenning und ihr Werk
Hannelore Nenning ist Künstlerin und Umweltaktivistin, die schon gegen das Kraftwerk Hainburg gekämpft hat. Das haben viele aus ihrer Generation getan, einigen ist seitdem die Puste ausgegangen. Nenning hat nicht aufgegeben, sondern sich der Schönheit verschrieben, der Schönheit der Natur, der Architektur, der Landschaft. Mit dem Pinsel auf dem Papier und der Radiernadel auf der Kupferplatte verbindet sie ihr künstlerisch-ästhetisches Anliegen mit ökologischen Botschaften.
Womit wir bei ihren beiden bevorzugten Techniken wären, Hannelore Nenning liebt das Aquarell, das Verwischen und ineinander Fließen von Eindrücken, von Farben und Licht und zugleich die Präzision der Lithographie, wo ein geritzter Strich im Metall nicht mehr verändert werden kann. Während ihrer Zeit auf der Akademie hat sie verschiedeneTechniken ausprobiert, Kreide, Öl und Acryl, war offen für alle Ausdrucksformen, um schließlich festzustellen, die Abstraktion ist ihre Sache nicht. „Warum ein schönes Gesicht verfremden?“, fragte sie sich in ihrer Zeit als Porträtmalerin und wandte sich der gegenständlichen Malerei zu.
So sind ihre Iselbilder, die wir in der aktuellen Ausstellung zum Jahr der Isel sehen, zu 80% in der Natur entstanden. Ganz klassisch zog sie mit ihren Utensilien ans Flussufer, mal an die ruhige, schon breitere Isel kurz vor Lienz, mal an die tosenden Umbalfälle, um das Wasser genau betrachten und spüren zu können, schaut es doch jeden Tag anders aus. Mal schäumt trübe Gletschermilch in der Isel, dann kommt sie zart und klar daher.
Das Licht ändert sich je nach Tages- oder Jahreszeit und damit die Nuancen der Farben. Rauhreifbedeckte Sträucher, Spindeln von Treibgut, glänzende Steine und dunkles Schwemmholz, all das ist Teil der Isel-Dramatik, die Hannelore Nenning in ihren Bildern festhält und dadurch die Blicke auf das Besondere lenkt, dass uns so alltäglich erscheint. Und so entstehen Porträts, nicht von Menschen, sondern von Flüssen, auch von den Donauauen in Hainburg, der Mur, dem Dorferbach im Kalser Dorfertal und den Wasserläufen im Platzertal. Es ist kein Zufall, dass all diese Flüsse bedroht sind, Nenning nennt sie Restnatur, die sie erhalten will, indem sie den Betrachtern die Schönheit der Landschaften zeigt.
Und während Juristinnen, Juristen und NGOs weltweit versuchen, Flüsse als Rechtspersönlichkeiten zu definieren, lässt Hannelore Nenning mit ihrem Werk keinen Zweifel daran, dass Flüssen wie der Isel als Persönlichkeiten das Recht auf Unversehrtheit und Schutz vor Übergriffen zusteht.
„Aber wie malt man Wasser?“ wollte ich in unserem langen Gespräch vor wenigen Wochen wissen. Da brauche es Respekt vor dem Fluss! Um zu verstehen, was den Fluss ausmacht, wandert sie entlang des Ufers, beobachtend und immer auf der Suche nach charakteristischen Stellen. Denn jeder Wasserlauf hat eine Anatomie, sagt Nenning, dazu gehören die Steine, die die Wellen formen, die Stufen, die das Wasser anschwellen lassen und die Schotterbänke, die den Fluss teilen oder vereinen, je nach Wasserstand.
Aber meine Frage war doch: „Wie malt man Wasser?“ Durch Verstehen, man sieht, was man weiß, das ist der ehemaligen Professorin wichtig, das ist auch ihre Botschaft, für die Natur und gegen ihre Ausbeutung, gegen ihre Vernichtung. Dafür stehen ihre Werke. Am besten gelingt ihr das an einem trüben Tag an der Isel, wenn der Fluss nicht zu viel Wasser führt, damit sie ihm ganz nahe sein kann, um seine Türkis-, oder Braun- oder Grautöne einzufangen. Dann malt sie ganz einfach Wasser – und die Natur ist ihr größter Lehrmeister.
Christine Brugger, 25.6.2025