Nationalpark Hohe Tauern

Newsletter Greifvögel Dezember 2022


Inhalt

2022 – ein erfolgreiches Jahr für die Bartgeier
NEUES zu den Hohe Tauern Bartgeiern
Bartgeierbesuch aus Bayern und Frankreich
Internationale Bartgeier-Zähltage von 08. – 15.Oktober 2022
Haben Sie eine Bartgeier-Meldung für uns?
Mönchsgeier Ultime zu Gast in den Hohen Tauern
74 Gänsegeier im Fuschertal
Schlangenadler im Großarltal
Kleptoparasitismus zwischen Steinadler und Bartgeier
Birdlife Salzburg-Exkursion ins Krumltal
Flugbewegungen besenderte Geier
Social Media Kanäle

 

2022 – ein erfolgreiches Jahr für die Bartgeier

Nach Auswertung der Daten gab das International Bearded Vulture Monitoring (IBM) im September 2022 bekannt, dass während der Brutsaison 2021/2022 im Alpenraum mindestens 49 Jungvögel zur Welt gekommen sind. Im Vergleich zur Brutsaison 2020/2021 mit gesamt 44 Jungvögeln bedeutet dies eine Steigerung von 5 Jungvögeln und stellt seit Beginn des Auswilderungsprojekts im Jahr 1986 einen neuen Rekord dar! Mit Blick auf den gesamten Alpenraum stammen die Jungvögel aus Frankreich, der Schweiz, Italien und Österreich.

Die meisten erfolgreichen Bruten konnte aus der Schweiz gemeldet werden, wo insgesamt 21 Jungvögel produziert wurden, welche v.a. auf die Kantone Wallis und Graubünden entfallen. In den französischen Alpen waren insgesamt 14 Bartgeier-Paare erfolgreich zur Brut geschritten, welche v.a. den Grenzbereich zu Italien und zur Schweiz besiedeln.
In Italien wurden im Rahmen der Brutsaison 2021/2022 insgesamt 10 erfolgreiche Bruten gemeldet, welche sich größtenteils auf zwei Regionen konzentrieren. Während an der italienisch-französischen Grenze drei Jungvögel zur Welt kamen, wurden aus dem Grenzbereich zur Schweiz und zu Österreich sieben erfolgreiche Bruten gemeldet.
In Österreich erblickten insgesamt vier Bartgeier das Licht der Welt. In Bezug auf die Hohen Tauern produzierten sowohl das Bartgeier-Paar im Pöllatal (Katschberg) als auch das Paar im Krumltal einen Jungvogel. Erfreulicherweise konnten aus dem Westen Österreichs zwei Bruterfolge gemeldet werden, welche sich auf Ötztal und das Lechtal beziehen.

a IBM

NEUES zu den Hohe Tauern Bartgeiern

 

Paar Katschberg

Auch in der Brutsaison 2021/2022 waren Hubertus 2 (Kals; 2004) und Romaris (Kals; 2007) zur Brut geschritten und hatten inzwischen zum neunten Mal in Folge einen Jungvogel produziert. Mit dieser beeindruckenden Leistung bilden sie derzeit das erfolgreichste Bartgeier-Paar Österreichs. Der am 08.03.2022 geschlüpfte Jungvogel absolvierte um den 25.06.2022 seinen Erstflug. Somit ist der Katschberger Jungvogel über einen Monat früher ausgeflogen, als der Jungvogel im Krumltal. Während das Durchschnittsalter für den Erstflug bei Bartgeiern 120 Tage beträgt, startete der Katschberger Jungvogel seinen Erstflug bereits im Alter von ca. 110 Tagen.

Paar Krumltal

b Krumltal

Die erfolgreiche Aufzucht des inzwsichen achten Jungvogels im Krumltal ist Anlass zur großen Freude. Der um den 18.03.2022 geschlüpfte Jungvogel startete am 29.07.2022 zu seinem Erstflug. Bereits nach wenigen Wochen stellte sich heraus, wie schnell Kruml8 das Fliegen erlernt hatte, was auf die intensive „Flugschule“ durch die beiden Altvögel zurückgeführt werden kann.
Da Kruml8 seit Anfang Oktober nicht mehr im Krumltal gesichtet wurde, ist davon auszugehen, dass der Jungvogel das „Tal der Geier“ inzwischen verlassen hat und von nun an eigene Wege fliegt.

In Bezug auf Meldungen über Geier-Arten entwickelte sich das Krumltal seit dem Frühsommer 2022 zu einem echten „Geier-Hotspot". Neben dem dort lebenden Bartgeier-Paar Alexa (Rauris; 1988) und Andreas Hofer (Rauris; 1996) sowie ihrem Jungvogel (Kruml8) konnten nicht nur das 2021 im NP Berchtesgaden freigelassene Bartgeier-Weibchen Bavaria, sondern auch das Mönchsgeier-Weibchen Ultime sowie zahlreiche Gänsegeier im „Tal der Geier" beobachtet werden.
Ende August 2022 gelang ein spektakuläres Foto, auf dem Kruml8 zusammen mit einem der beiden Altvögel sowie ein weiterer, unbekannter juveniler Bartgeier zu sehen sind. Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei dem zweiten jungen Bartgeier aufgrund seiner Gefiederfärbung um einen Jungvogel aus dem Jahr 2021 handelte. Die Herkunft des zweiten jungen Bartgeiers bleibt ungeklärt. Sicher ist jedoch, dass es sich nicht um einen Krumltaler Jungvogel aus 2021 handelt, da das Paar im vergangenen Jahr keinen Jungvogel produziert hatte.

Des Weiteren wurde beobachtet, dass der unbekannte Jungvogel interessanterweise von mindestens einem der beiden Altvögel für eine gewisse Zeit geduldet wurde.

b1 Kruml

Paar Heiligenblut

Das Bartgeier-Paar im Kleinen Fleißtal, bestehend aus Fortuna (Kals; 2015) und Ambo (Gastein; 2002), war in der Brutsaison 2021/2022 nicht zur Brut geschritten. Zwar gab es im Frühjahr mehrfach Anzeichen für einen bevorstehenden Brutbeginn, doch eine Eiablage konnte nicht festgestellt werden. Warum das Paar nicht zur Brut geschritten war, lässt sich derzeit nicht sicher erklären. Das Alter der Vögel kann als Grund ausgeschlossen werden, da die 20 Jahre alte Ambo und der inzwischen 7 Jahre alte Fortuna brutfähig sind.

Während des Sommers hielt sich Fortuna größtenteils im Bereich Heiligenblut auf, wo er v.a. das Guttalbachtal, Großes und Kleines Fleißtal sowie das Große Zirknitztal beflog.Dies bestätigten auch die Meldungen im Rahmen der internationalen Bartgeier-Zähltage (08.10. – 15.10.2022), wo Ambo und Fortuna im Großen und Kleinen Fleißtal sowie im Zirknitztal gesichtet wurden. In Bezug auf die GPS-Daten ist zu erkennen, dass Fortuna nur vereinzelt größere Distanzen innerhalb des Nationalparks Hohe Tauern zurücklegte. So flog er unter anderem Anfang Mai ins Seebachtal (Mallnitz) oder Ende Mai bis ins Osttiroler Virgental. Auch im Salzburger Nationalpark-Anteil konnte Fortuna mehrfach nachgewiesen werden, wo er sich vereinzelt im hinteren Seidlwinkl- und Krumltal aufhielt. Mitte September flog Fortuna ins Fuschertal. Den Grund für diesen Ausflug bildeten drei verendete Kälber, welche wenige Tage zuvor in steilem Gelände abgestürzt waren.

Paar Mallnitz

Nachdem Felix2 (Debant; 2014) und Charlie (Untersulzbachtal; 2016) im Spätsommer 2020 aus dem Gasteinertal (Salzburg) ins Seebachtal (Kärnten) gewechselt hatten, begannen sie dort mit dem Ausbau eines Horstes. Aufgrund des jugendlichen Alters von Charlie war das Paar in der Brutsaison 2020/2021 nicht zur Brut geschritten. Nachdem zu Beginn des Jahres 2022 ein erneuter Ausbau des Horstes beobachtet wurde, konnte am 10.02.2022 aus dem Seebachtal erstmals ein Brutvorgang gemeldet werden. Nachdem während der Kontrollen kein Schlupf festgestellt wurde, bestätigte ein Nationalparkranger Mitte April den Brutabbruch, da beide Vögel ausgeflogen waren.
Aufgrund des jugendlichen Alters von Charlie wurde zwar mit einem Brutabbruch gerechnet, doch allein der Brutversuch sollte als positives Zeichen gewertet werden und es besteht Hoffnung, dass bereits in der kommenden Brutsaison eine erfolgreiche Brut vermeldet werden könnte.
Aufgrund der sehr unregelmäßigen Leistung des GPS-Senders von Felix2 können über dessen Flugbewegungen nur eingeschränkte Aussagen getroffen werden. In der ersten Hälfte des Jahres 2022 beflog das Bartgeier-Männchen neben dem Seebachtal und das im Westen angrenzende Tauerntal (Mallnitz) auch das hintere Gasteinertal (Nassfeld). Der Vergleich mit den Senderdaten von Juni 2019 bis Ende 2021 bestätigte die drei Täler als Revier des „Mallnitzer Paares“.

Mitte November übermittelte der GPS-Sender von Felix2 wieder neue Daten, welche sich v.a. auf das Seebachtal, aber auch auf das Nassfeld im Gasteiner Tal bezogen.Über das Jahr verteilt meldeten engagierte Bartgeier-Freunde aus dem Gasteinertal immer wieder die Sichtung adulter Bartgeier aus dem Gasteiner Nassfeld, bei denen es sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um Felix2 und Charlie handelte.

Paar Gschlöß

Im Rahmen des Horstmonitorings 2022 konnte bei dem Bartgeier-Paar Pinzgarus  (Rauris 2008) und Glocknerlady  (Heiligenblut; 2012) im Osttiroler Tauerntal Mitte Januar die Eiablage bestätigt werden. Nachdem am 12.03.2022 der Schlupf gemeldet wurde, konnte am 14.03.2022 ein zaghaftes Füttern beobachtet werden. Bereits eine Woche später wurde der Horst leer vorgefunden, wodurch feststand, dass der Jungvogel verendet war.
Die Gründe für den Tod des Jungvogels sind derzeit nicht bekannt. Nicht selten verenden z.B. schwache Jungvögel jedoch bereits innerhalb der ersten Tage. Es wird auch vermutet, dass die Unerfahrenheit der Eltern eine entscheidende Rolle spielte. Das, während der Kontrollen festgestellte zaghafte Füttern des Jungtiers stärkt diese Vermutung. Oft kommt es vor, dass unerfahrene Paare dem Jungvogel zu große Fleischstücke anbieten, welche dieser nicht in der Lage ist zu fressen. Ohne ausreichend Nahrung entkräftet der Jungvogel schnell, sodass er nicht mehr im Stande ist, seinen Kopf zu heben und Nahrung anzunehmen.
Trotz des Verlusts des Jungvogels besteht beim Gschlößer-Paar große Hoffnung, dass in den kommenden Jahren auch in Osttirol junge Bartgeier ausfliegen werden.

Paar Prägraten

Seit Anfang 2021 besiedelte das Bartgeier-Männchen Lea (Dorfertal; 2015) zusammen mit den beiden Bartgeier-Weibchen Joker (Mallnitz; 2003) und El Dorado (Gschlößtal; 2001) das Revier im Bereich des Prägratener Dorfertals. Trios stellen in Bezug auf Bartgeier keine Seltenheit dar und können durchaus einen Bruterfolg erzielen, sodass auch im Fall des Prägratener Trios Hoffnung auf Nachwuchs bestand.
Nach der Eiablage um den 10.02.2022 wurde der Schlupftermin Ende März vermutet. Im Rahmen der Horst-Kontrollen Ende März und Mitte April konnte kein Jungvogel festgestellt werden. Der verlassene Horst, welcher am 17.04.2022 beobachtet wurde, bestätigte den Brutabbruch. 

Nach Auswertung der eingegangenen Meldungen aus den vergangenen Monaten ist anzunehmen, dass sich das Trio inzwischen aufgelöst hat. Seit dem Frühsommer wurden in Prägraten nur noch zwei adulte Bartgeier zusammen gesichtet. Im Rahmen der internationalen Bartgeier-Zähltage wurden im Bereich des Virgentales ebenfalls nur noch zwei adulte Bartgeier zusammen gesichtet. Aus welchen Individuen sich das aktuelle Paar zusammensetzt kann derzeit nicht gesagt werden, da eine sichere Ansprache der beiden Individuen bisher nicht vorgenommen werden konnte.

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Caeli im Ötztal

Seit Anfang August 2022 hält sich das 2018 in Mallnitz ausgewilderte Bartgeier-Männchen Caeli wieder vermehrt in Österreich auf. Laut der GPS-Daten befliegt Caeli v.a. das hintere Ötztal sowie dessen Seitentäler (Rofen-, Nieder- und Gurglertal). Auch im hinteren Passeiertal (Südtirol) konnte Caeli nachgewiesen werden.
Neben dem Nachweis durch den GPS-Sender wurde Caeli Anfang Juni von einem Bergsteiger im Bereich der Breslauer Hütte (Ötztaler Alpen) gesichtet und uns gemeldet. Auch Mitte Juli meldeten Alpinisiten einen Bartgeier im Bereich des Mittleren Seelenferners (3.424 m) in den Ötztaler Alpen, welcher dank der GPS-Daten als Caeli identifiziert werden konnte.
Seit Herbst 2022 gibt es Anzeichen, dass Caeli eine Partnerin gefunden hat, da er laut Aussagen der ortsansässigen Beobachter vermehrt mit einem subadulten Bartgeier gesichtet wurde. Um wen es sich bei dem zweiten Tier handelt, muss noch ermittelt werden. 

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Richtigstellung – Neuigkeiten zu Bartgeier Killian

In Bezug auf den 2015 im Debantal (Osttirol) ausgewilderten Bartgeier-Männchen gibt es erfreuliche Neuigkeiten. Als Reaktion auf den letzten Newsletter informierte Klaus Bliem aus Südtirol darüber, dass das Paar einen Jungvogel produziert hatte, welcher im März geschlüpft und Ende Juni ausgeflogen ist.

Junge Bartgeier unterwegs in Kärnten

Ende Oktober wurden zwei Bartgeier im Bereich zwischen der Bergstation Ankogelbahn und der Maresenspitz (2.916 m) gemeldet. Beim Vergleich der Fotos stellte sich schnell heraus, dass es sich dabei um einen juvenilen Bartgeier und einen immaturen Bartgeier handelte. Woher die beiden Tiere stammen lässt sich nicht sicher sagen, da beide Vögel keinerlei Markierung (z.B. gebleichte Federn) besaßen, was jedoch ein Indiz für wildgeschlüpfte Tiere ist.

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Bartgeierbesuch aus Bayern und Frankreich

Bartgeier Bavaria in den Hohen Tauern

Im Spätsommer 2022 stattete das 2021 im Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderte Bartgeier-Weibchen Bavaria dem Nationalpark Hohe Tauern einen Besuch ab. Dank der GPS-Senderdaten konnte ihre Reise zwischen den beiden Schutzgebieten lückenlos verfolgt werden. Bavaria hielt sich seit dem 03.08.2022 in den Hohen Tauern auf. Mit Blick auf die GPS-Daten ist zu erkennen, dass das Bartgeier-Weibchen dabei fast ausschließlich den Salzburger Nationalparkanteil beflog. Seit Anfang August bewegte sie sich v.a. im Bereich zwischen dem Felbertal und dem Hüttwinkltal (Rauris). In Bezug auf die Senderpositionen hoben sich die von Bavaria präferierten Bereiche deutlich hervor. So hielt sie sich bevorzugt in verschiedenen Bereichen des Fuschertals (z.B. zwischen Ferleiten und Gleiwitzer Hütte) aber auch im benachbarten Seidlwinkltal sowie im Krumltal auf.
Nur vereinzelt beflog Bavaria das im Westen angrenzende Kapruner Tal und das Stubachtal. In wenigen Fällen verschlug es das Bartgeier-Weibchen in den Kärntner Nationalparkanteil, wo ihre Positionen zwischen Großglockner (3.798 m) und Großem Fleißtal (Heiligenblut) gemeldet wurde oder in den Osttiroler Nationalparkanteil, wo sie für kurze Zeit den Felbertauern beflog. Am 13.10.2022 verließ Bavaria nach über zwei Monaten den Nationalpark Hohe Tauern und setzte ihre Reise in Richtung Norden fort.

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Bartgeier Dagmar in den Hohen Tauern

Ende September informierte uns Toni Wegscheider vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV), dass sich das im Juni 2022 im Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderte Bartgeier-Weibchen Dagmar seit 22.09.2022 in den Hohen Tauern aufhält. Nachdem das Bartgeier-Weibchen seit Ende Juli ihre Umgebung in den Berchtesgadener Alpen, den Loferer Steinbergen sowie dem Hochkönig-Massiv erkundet hatte, startete Dagmar ihren ersten großen Ausflug.

Zu Beginn ihrer Reise durchflog Dagmar das Stubachtal bis nach Osttirol, wo sie im Bereich von Kals am Großglockner gemeldet wurde. Nachdem das Bartgeier-Weibchen die letzten Septembertage in der Umgebung von Heiligenblut (Kärnten) verbracht hatte, setzte Dagmar Anfang Oktober ihre Erkundung der Hohen Tauern fort und flog zurück nach Osttirol in das Virgental, wo sie das Revier des Prägratener Bartgeier-Paares durchstreifte. Mitte Oktober absolvierte Dagmar einige Erkundungsflüge in die benachbarten Zillertaler Alpen und nach Südtirol, wo sie den Naturpark Drei Zinnen und den Naturpark-Fanes-Sennes-Prags beflog. Anschließend kehrte Dagmar wieder in die Hohen Tauern zurück, wo sich nach aktueller Datenlage bevorzugt in den Felbertauern, im Virgental aber auch im Dorfertal nördlich von Kals aufhält.

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Bartgeier Novo in den Hohen Tauern

Neben Bavaria war auch der 2021 im Parc naturel régional du Vercors (Frankreich) ausgewilderte Bartgeier Novo zu Gast im größten Schutzgebiet der Alpen. Seinen Weg in die Hohen Tauern konnte durch die Besenderung lückenlos nachverfolgt werden. Vor seiner Zeit in den Hohen Tauern flog Novo von Südtirol in die Nördlichen Kalkalpen, wo er einige Zeit im Bereich des Watzmann (2.713 m) verweilte, bevor es das Dachstein-Massiv streifte und bis in die Hochschwab-Gruppe (Steiermark) flog.
Von Ende Juni bis Mitte August verweilte das Bartgeier-Männchen in den Hohen Tauern. In dieser Zeit hielt sich Novo v.a. im hinteren Felbertal, im Kapruner Tal, im Fuschertal sowie im Seidlwinkl- und Krumltal auf. Zudem konnte er auch im Tauerntal, nördlich von Matrei i. O. nachgewiesen werden. Mitte August verließ Novo über das Virgental die Hohen Tauern in Richtung Südtirol.

 

 

 

 

Internationale Bartgeier-Zähltage von 08. – 15.Oktober 2022

Am 08. Oktober 2022 fand im gesamten Alpenraum der inzwischen 17. Bartgeier-Zähltag statt. Auch in den österreichischen Alpen beteiligten sich erfreulicherweise wieder zahlreiche Bartgeier-Freunde an der Erhebung. Während des Hauptzähltages am 08.Oktober wurde an 19 verschiedenen Orten im Bereich zwischen den Hohen Tauern und Vorarlberg nach Bartgeiern Ausschau gehalten. An diesem Tag konnten insgesamt 18 verschiedene Bartgeier erhoben werden, wovon allein 11 verschiedene Individuen auf die Hohen Tauern entfallen.

In Bezug auf die Bartgeier-Paare in den Hohen Tauern wurden am 08.10.2022 Alexa & Andreas Hofer aus dem Krumltal, Charlie & Felix2 aus dem Seebachtal sowie Ambo & Fortuna aus dem Kleinen Fleißtal gemeinsam beobachtet. Unter den restlichen fünf erfassten Bartgeiern befindet sich u.a. das Bartgeier-Weibchen Bavaria. Des Weiteren wurde im Übergangsbereich zwischen Fuscher- und Seidlwinkltal ein immaturer Bartgeier erfasst.

Außerhalb der Hohen Tauern wurden während des Hauptzähltages sieben verschiedene Bartgeier erhoben. Zu ihnen gehört auch das Lechtaler-Paar, bestehend aus Madagaskar (Calfeisen; 2011) und Natura (Haute-Savoie; 2001) samt Jungvogel (Lechtal2022). Während der gesamten Zählwoche (08.10.2022 – 15.10.2022) wurden in Österreich insgesamt 21 verschiedene Bartgeier gezählt. Nicht während des Hauptzähltages, jedoch in der Zählwoche konnte das 2022 in Berchtesgaden ausgewilderte Bartgeier-Weibchen Dagmar im Osttiroler Nationalparkanteil beobachtet werden.

Sowohl die Ergebnisse des Hauptzähltages, als auch die erhobenen Daten der Zählwoche zeigen, dass die Hohen Tauern österreichweit über die größte Anzahl an Bartgeiern verfügen. In diesem Kontext ist jedoch anzumerken, dass die Zähltage eine Momentaufnahme darstellen und nicht den gesamten Bartgeier-Bestand abbilden. Somit ist die Individuen-Anzahl in Nordtirol und Vorarlberg höher, als erhoben. Ein Indiz dafür bilden die zahlreichen Meldungen der vergangenen Monate aus dem Westen Österreichs, welche sich v.a. auf das Ötztal, sowie das Stubaital beziehen.
In diesem Zusammenhang möchten Wir uns noch einmal ausdrücklich bei den Zähler:innen für das erbrachte Engagement im Sinne des Artenschutzes bedanken!

 

 

 

Haben Sie eine Bartgeier-Meldung für uns?

Sie haben auf Ihrer Ski- oder Schneeschuhtour einen Bartgeier gesehen? Dann würden wir uns sehr darüber freuen, Ihre Bartgeier-Meldung entgegennehmen zu dürfen! Auch Fotos oder Videos sind für uns eine sehr große Hilfe, da sie uns dabei helfen, das Alter oder sogar die Identität des Vogels bestimmen zu können.
Bitte senden Sie und Ihre Meldungen an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! 

 

 

 

 

Mönchsgeier Ultime zu Gast in den Hohen Tauern

Während des Sommers mehrten sich die Meldungen über Mönchsgeier in den Hohen Tauern sowie den im Westen angrenzenden Zillertaler Alpen. Schnell stellte sich heraus, dass es sich bei einem der Mönchsgeier um das 2016 im französischen Grands-Causses (Aveyron, Millau) freigelassene Mönchsgeier-Weibchen Ultime handelte. Laut der GPS-Senderdaten hielt sie sich vom 19.06. – 12.09.2022 im Bereich der Hohen Tauern auf. Zwar verbrachte Ultime den Großteil dieser Zeit im Nationalparkgebiet, unternahm jedoch vom 18.7. – 19.7.2022 einen Erkundungsflug in Richtung Osten, wobei sie bis in die Hochschwab-Gruppe (Steiermark) flog. In weniger als 24 h legte Ultime dabei eine Flugstrecke von über 300 km zurück.
In Bezug auf die GPS-Senderdaten heben sich in den Hohen Tauern zwei Gebiete hervor, in denen sich Ultime bevorzugt aufhielt. So war Ultime ein häufiger Gast im Krumltal, hielt sich vermehrt auch im Tauerntal, nördlich von Matrei i. Osttirol auf.
Neben  Ultime hielten sich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch weitere Mönchsgeier in den Hohen Tauern auf. Genaue Aussagen über die Anzahl, Herkunft und Identität können derzeit nicht getätigt werden.

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74 Gänsegeier im Fuschertal

Aufgrund ungeklärter Ursache waren Mitte September drei Kälber im Fuschertal in den Tod gestürzt. Bereits wenige Tage nach dem Unglück beobachtete ein Jäger 12 Gänsegeier, welche auf das Aas aufmerksam geworden waren. Wenige Tage später zählten die beiden Greifvogelspezialisten Michael Knollseisen und Ferdinand Lainer 74 Gänsegeier, die damit beschäftigt waren, die Kadaver zu beseitigen. Unter den vielen Gänsegeiern fanden sich auch markierte und besenderte Tiere, welche durch unterschiedliche Flügelmarkierungen aus der Masse hervorstachen. Recherchen ergaben, dass einige markierte Vögel nur wenige Tage zuvor im Grenzgebiet zwischen Kärnten und Slowenien gesichtet wurden.
Die Auswertung der GPS-Daten des Gänsegeiers FB5 ergab, dass dieser für einen Tag aus dem Friaul in die Hohen Tauern geflogen war. Während dieser Zeit besuchte FB5 das Fuschertal, wo er die ostexponierten Talflanken abstreifte. Nach einem kurzen Aufenthalt im Stubachtal kehrte der Gänsegeier in das Friaul zum Ausgangspunkt der Reise zurück. 

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Schlangenadler im Großarltal

Am 02.06.2022 kam es zu einer Meldung der ganz besonderen Art. In einem Almgebiet im Großarltal wurde ein Schlangenadler (Circaetus gallicus) gesichtet. Sichtungen dieser Art gelten als absolute ornithologische Rarität, da der Schlangenadler keine heimische Art in den Hohen Tauern ist. Die Art zählt zu den Langstreckenziehern und ist in Österreich ein Sommergast. Sie besiedeln v.a. offene Landschaften mit vereinzeltem Baumbestand in felsigem und trockenem Tiefland aber auch Wüsten- und Berglandschaften mit Busch- und Baumbewuchs in Höhen von bis zu 2.300 m. Wichtig für die Adler-Art ist ein ausreichendes Nahrungsangebot, welches sich aus Schlangen und anderen Kriechtieren zusammensetzt.
Wie lang sich der seltene Gast in den Hohen Tauern aufhielt, ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht bekannt. Auch die Herkunft des Schlangenadlers ist unbekannt, da aufgrund der großen Distanz keine Beringung oder andere Markierungen festgestellt werden konnten.

 

 

 

Kleptoparasitismus zwischen Steinadler und Bartgeier

Das Abjagen bzw. Streitigmachen von Nahrung, was auch als Beute- oder Kleptoparasitismus bezeichnet wird, ist in der Tierwelt nichts Ungewöhnliches. Mitte Juli 2022 konnte der Tierfotograf Markus Leitner eine entsprechende Situation im Krumltal ablichten. In diesem Fall versuchte ein Steinadler dem Bartgeier-Weibchen Alexa (Rauris; 1988) Aas abzujagen. Durch aggressives Verhalten bedrängte der Steinadler den Bartgeier derartig stark, dass das Aas (Brustkorb von Reh oder Gämse) letztendlich den Besitzer wechselte.

Die Nutzung von Aas als Nahrung ist bei Steinadlern vor allem aus Wintermonaten bekannt, wobei die Adler jedoch ausschließlich frisches Aas (Fallwild) präferieren. Es besteht daher die Frage, warum der Adler im Sommer Aas als Nahrung in Erwägung zieht, obwohl seine Haupt-beute (Murmeltiere) in ausreichendem Maße vorhanden ist. Dem ist hinzuzufügen, dass es sich bei der ergatterten Beute größtenteils um Knochen handelte, womit ein Steinadler im Gegensatz zum Bartgeier nichts anfangen kann. Eine mögliche Erklärung könnte das jugendliche Alter des Steinadlers liefern. Durch starkes Revierverhalten der ansässigen Steinadler stellte sich bei dem jungen Steinadler vermutlich kein Jagderfolg ein, woraufhin dieser gezwungen war, auf anderen Wegen Nahrung zu beschaffen.

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Birdlife Salzburg-Exkursion ins Krumltal

Am 21. August 2022 besuchten die Vogelfreunde von Birdlife Salzburg im Rahmen ihrer Saisonabschluss-Exkursion das Krumltal. Kurz nachdem der Talboden erreicht war, segelte der 2022 geborene Bartgeier Kruml8 durch das Tal und landete unweit der Gruppe auf einem Schuttkegel, wo er umgehend und ungestört mit der Gefiederpflege begann. Auch Alexa (Rauris; 1988) und Andreas Hofer (Rauris; 1996) kreisten kurze Zeit später über den Köpfen der begeisterten Vogelfreunde.
Ein Schauspiel der ganz besonderen Art bildete die „Flugschule“. Durch mitgeführte Nahrung wurde der Jungvogel von Alexa und Andreas Hofer zum fliegen animiert. Dem Altvogel und dem Aas folgend, versuchte Kruml8 die gleichen Flugbewegungen durchzuführen, was bereits erstaunlich gut gelang!
Im weiteren Verlauf der Exkursion wurde auch eine kleine Gruppe Gänsegeier im hinteren Krumltal beobachtet. Ein weiteres Highlight bildete ein Steinbock-Weibchen mit ihrem Jungtier. Auf dem Rückweg nahm sich die Exkursionsgruppe noch Zeit, um die im Krumltal brütenden Felsenschwalben (Ptyonoprogne rupestris) zu beobachten. Bei schönstem Wetter bot das Krumltal einen ereignisreichen Saisonabschluss.

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Flugbewegungen besenderte Geier
Die Flugbewegungen von besenderten Junggeiern können auf der Homepage (längere Ladezeit der Daten) unter

https://hohetauern.at/de/forschung/greifvogelmonitoring/bartgeier-online bzw.
https://hohetauern.at/de/forschung/greifvogelmonitoring/gaensegeier-und-moenchsgeier nachverfolgt werden.

 

 

 

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Geschrieben von
Matthias Lehnert

05.12.2022