Nationalpark Hohe Tauern

Newsletter Greifvögel
Oktober 2024


Inhaltsverzeichnis

Bartgeierzähltage 2024 
Neue Bargeierprojektkoordinatorin in Tirol 
Zwei neue Bargeier-Paare in Nordtirol
Brutsituation in Österreich
Brutsituation in den Hohen Tauern
Bartgeier Sisi, Recka und Nepomuk in den Hohen Tauern 
Bartgeierfreilassung in Berchtesgaden 
Bartgeier in Vorarlberg und Südtirol
Keine Horstfotos von Bartgeiern mehr
Gänsegeier
Mönchsgeier

 

 

 

Internationaler Bartgeier-Zähltag 2024

Auch 2024 werden im gesamten Alpenraum wieder Bartgeier gezählt!
Vom 12. bis 19. Oktober 2024 sind alle Interessierten herzlich dazu aufgerufen, in Österreich nach Bartgeiern Ausschau zu halten und an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. zu melden. Am Hauptzähltag (Fokustag), dem 12. Oktober 2024, sollte nach Möglichkeit im Zeitraum zwischen 09:00 bis 15:00 Uhr (mindestens 10:00 bis 14:00 Uhr) ein selbstgewähltes Gebiet in den österreichischen Alpen beobachtet werden. Die besten Chancen auf eine Bartgeier-Sichtung ergeben sich in den Hohen Tauern, den Ötztaler Alpen sowie den Lechtaler Alpen!

Was sollte eine Meldung enthalten?

- Datum, Uhrzeit, Beobachtungsdauer
- Flugrichtung
- Ort
- Gefiederfärbung und mögliche Markierungen
- Foto und/oder Video (wenn möglich)

Für die Beobachtung ist es wichtig, Feldstecher, Fotoapparat und Schreibutensilien dabei zu haben!
Sie haben Fragen zum Bartgeier-Zähltag? (Tel.Nr. +43 664/2601337)

Link zur Bestimmunghilfe

 

Neue Projektkoodinatorin für das Bartgeier-Monitoring in Nordtirol

Durch eine Kooperation zwischen den 5 Tiroler Naturparken und der Abteilung Umweltschutz des Landes Tirols nahm 2024 eine neue Projektkoordinatorin für das Bartgeier-Monitoring in Nordtirol ihre Arbeit auf. Mit Elisabeth Weninger erhält das Monitoringteam ein neues engagiertes Mitglied. Das Ziel der neuen Monitoringstelle besteht in der Untersuchung bestehender Bartgeier-Paare sowie der Feststellung neugebildeter Paare. Dabei soll v.a. das Horstmonitoring sowie der Schutz der in Tirol lebenden Bartgeier verbessert werden, indem zum Beispiel anthropogene Störungen beseitigt werden. Zudem bildet die errichtete Monitoringstelle die offizielle Meldestelle für Bartgeier-Sichtung aus Nordtirol (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.). Für das österreichweite Bartgeier-Monitoring ist dies von großer Bedeutung, da anzunehmen ist, dass sich mittel- bis langfristig weitere Bartgeier-Paare im Westen Österreichs bilden werden und somit die derzeit noch bestehende Lücke zwischen Ötztaler Alpen und den Hohen Tauern geschlossen wird.

 

Zwei neue Bartgeier-Paare in Nordtirol

Nach einigen Untersuchungen konnten im Frühsommer 2024 zwei neue Bartgeier-Paare im Westen Österreichs bestätigt werden. Seit einigen Jahren deuten die Entwicklungen in den alpinen Populationskernen darauf hin, dass sich neben den drei bereits etablierten Paaren weitere Bartgeier in Nordtirol und Vorarlberg ansiedeln werden. Horstkontrollen ergaben, dass sich die neuen Paare im Paznauntal sowie im Kaunertal etabliert haben. Aus welchen Vögeln sich die Paare zusammensetzen, ist nach aktuellem Stand noch unklar. Durch das Sammeln und Auswerten genetischen Materials sollen die Identitäten geklärt werden. Mit den neuen Ergebnissen erhöht sich die Anzahl der Österreichischen Bartgeier-Paare  auf elf.

 

Brutsituation in Österreich

In Österreich sind von den elf aktuell bekannten Bartgeier-Paaren insgesamt zehn Paare zur Brut geschritten. Im Frühjahr ergaben die Horstkontrollen, dass insgesamt sieben Paare einen Jungvogel produziert hatten, wovon jedoch ein Jungvogel verendet war. In der Brutsaison 2022/2023 wurden acht Jungvögel festgestellt. Mit Blick auf Verteilung der Paare in den österreichischen Alpen bilden sich zwei Kerngebiete heraus. Während sich in den Hohen Tauern insgesamt sechs Paare etabliert haben, konnten im Westen Österreichs (Nordtirol) bisher fünf Paare nachgewiesen werden, welche v.a. die Ötztaler Alpen und Lechtaler Alpen besiedeln.

 

Paar Ötztal

Im Ötztal konnte in der zweiten Januarhälfte der Brutbeginn des dort lebenden Paares, bestehend aus dem Weibchen Humboldt-Albula (Schweiz) und Paolino-Zebru (Italien) bestätigt werden. Mit Blick auf die Herkunft der Altvögel bildet das Ötztaler Paar derzeit noch eine Besonderheit für die österreichischen Bartgeier-Paare, da es sich bei Humboldt-Albula und Paolino-Zebru um wildgeschlüpfte Vögel handelt, was für Österreich derzeit noch einen Einzelfall darstellt. Mitte März konnte im Ötztal der inzwischen dritte Jungvogel des Paares festgestellt werden. Horstkontrollen im Sommer stellten fest, dass der Jungvogel Ötztal2024 am 8. Juli den Horst zu seinem Erstflug verlassen hatte.

 

Paar Pitztal

Anfang Februar ergab eine Horstkontrolle, dass das 2023 entdeckte Bartgeier-Paar im Pitztal zur Brut geschritten waren. Zudem stellte die neue Projektkoordinatorin für Nordtirol, Elisabeth Weninger fest, dass das Paar einen zweiten Horst unweit des bereits bestehenden Horstes errichtet hatte. Zwar sind die Gründe für den Neubau bisher noch unklar, doch Ende März konnte erfreulicherweise der inzwischen zweite Jungvogel des Paares im neu errichteten Horst nachgewiesen werden. Zum aktuellen Zeitpunkt können noch keine Aussagen über die Identität des Paares getätigt werden, da die Ergebnisse der genetischen Analysen noch ausstehen. Weiterführende Horstkontrollen im Sommer ergaben, dass der Jungvogel mit dem Namen Pitztal2024 Ende Juli zu seinem Erstflug aufgebrochen war.

 

Paar Lechtal

Neben den Bartgeier-Paaren im Ötztal und im Pitztal ist auch das Lechtaler Paar, bestehend aus dem Weibchen Natura (Haute-Savoie, 2001) und dem Männchen Madagaskar (Calfeisental, 2011) im Januar zur Brut geschritten. Horstkontrollen im März ergaben, dass das Paar seinen inzwischen fünften Jungvogel produziert hatte. Somit ist das Lechtaler Paar derzeit das erfolgreichste Bartgeier-Paar Nordtirols. Mitte Juli konnte der Ausflug des Jungvogels mit dem Namen Lechtal2024 beobachtet werden.

 

Paare Paznauntal und Kaunertal

Während die Horstkontrollen im Paznauntal keine Brutaktivitäten nachweisen konnten, ergaben die Kontrollen im Kaunertal den Brutbeginn des dort lebenden Bartgeier-Paares Mitte Januar. Bereits Anfang Februar wurde im Kaunertal der Brutabbruch gemeldet. Über die Gründe für den Brutabbruch kann nur spekuliert werden, doch eine anthropogene Störung durch Wintersport-Events wird derzeit in Betracht gezogen. Diese würde verdeutlichen, wie wichtig ein störungsfreies Umfeld für das Brutgeschehen ist.

 

Brutsituation in den Hohen Tauern

Paar Katschberg

Das Bartgeier Paar am Katschberg, bestehend aus Romaris (Kals; 2007) und Hubertus2 (Kals; 2004) schritt Anfang Januar 2024 zur Brut. Mit bisher 10 erfolgreichen Bruten gilt das Paar als erfolgreichstes Bartgeier-Brutpaar in Österreich. Auch bildet das Katschberger-Paar derzeit das östlichste Paar der Alpen.
Anfang März konnte am Katschberg der inzwischen elfte Jungvogel festgestellt werden. Knapp zwei Wochen nach dessen Schlupf wurde der Brutabbruch gemeldet, was nach aktuellem Stand wahrscheinlich auf eine intraspezifische Konkurrenz zu Steinadlern oder Kolkraben zurückzuführen ist. Ein Beleg dafür bilden gemeldete Revierkämpfe zwischen den adulten Bartgeiern und mehrerer Steinadler. In ihrem Revierverhalten gilt Bartgeier-Weibchen Romaris als aggressiv und konnte sich in den vergangenen Jahren bei unzähligen Revierkämpfen gegenüber Steinadlern behaupten.

 

Paar Heiligenblut

Die Horstkontrollen ergaben, dass das Heiligenbluter Paar, bestehend aus Weibchen Ambo (Bad Gastein, 2002) und Partner Fortuna (Kals, 2015) in der zweiten Januarhälfte zur Brut geschritten ist. Nach dem ersten Bruterfolg im Jahr 2023 konnte im März der zweite Jungvogel des Heiligenbluter Paares festgestellt werden. Weitere Kontrollen dokumentieren den ersten Ausflug des Jungvogels Heiligenblut2024 am 10.Juli 2024.
Somit ist Heiligenblut2024 nur zwei Tage später als Heiligenblut2023 ausgeflogen. Während des Sommers konnte Heiligenblut2024 immer wieder im elterlichen Revier beobachtet werden. Mit zunehmendem Alter erweitert sich der Flugradius der Jungvögel, sodass diese auch benachbarte Bartgeier-Reviere befliegen.

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Bild: Im September wurde Heiligenblut2024 im Krumltal gesichtet und stieß dort auf Kruml9. Autor: Matthias Lehnert

 

Paar Mallnitz

Im Januar 2024 konnte im Rahmen der Horstkontrollen der Brutbeginn des Mallnitzer-Paares festgestellt werden. Zuvor waren Charlie (Untersulzbachtal, 2016) und Felix2 (Debantal, 2014) bereits in 2022 und 2023 zur Brut geschritten, wobei 2023 der erste Bruterfolg bestätigt werden konnte. Ein Vergleich der Daten aus dem Vorjahr zeigte, dass die Eiablage in der Brutsaison 2024 ganze drei Wochen früher erfolgte als im Vorjahr. Dies ist nicht unüblich, da die Eiablage statistisch meistens im Januar zur Brut stattfindet.
Horstkontrollen zum errechneten Schlupfzeitraum ergaben, dass das Mallnitzer Paar zum zweiten Mal einen Jungvogel produziert hatte. Durch Nationalparkangestellte konnte in der ersten Julihälfte der Ausflug des Jungvogels, mit dem Namen Mallnitz2024 festgestellt werden.

 

Paar Rauris

Anfang Januar ergaben die Horstkontrollen, dass das Rauriser Paar, bestehend aus Alexa (Rauris; 1988) und Andreas Hofer (Rauris; 1996) zur Brut geschritten war. Aufgrund des Alters von Alexa war dies nicht selbstverständlich und daher umso erfreulicher. Alexa ist nachweißlich der älteste Brutvogel der Alpen. Zwar werden Bartgeier in freier Wildbahn nicht selten über 30 Jahre alt, jedoch wurde eine Brut in diesem Alter für den Alpenraum bisher noch nicht dokumentiert.
Die Kontrolle zum errechneten Schlupfdatum ergab Erstaunliches – das Rauriser Paar hatte erfolgreich einen Jungvogel produziert!
Weiterführende Horstkontrollen ergaben, dass der unter dem Namen Kruml9 geführte Jungvogel sich sehr gut entwickelt. Am 21.Juli 2024 verließ der Jungvogel erstmals den Horst. Somit verließ er im Vergleich zu Kruml8 (2022) eine Woche früher den Horst. Regelmäßige Kontrollen zeigten, dass sich Kruml9 bereits nach einigen Wochen zu einem sehr guten Flieger entwickelt hat, was auch mit der intensiven „Flugschule“ der Altvögel zu erklären ist.

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Bild: Rauriser Bartgeier-Paar (Alexa und Andreas Hofer); Autor: Matthias Lehnert

 

Paar Prägraten

Auch für das Prägratner Bartgeier-Paar konnte Anfang Januar der Brutbeginn festgestellt werden. Weiterführende Horstkontrollen ergaben zum errechneten Schlupfzeitraum jedoch keine Anzeichen auf einen Jungvogel, sodass Mitte April der Brutabbruch gemeldet wurde. Der Grund für den Brutabbruch ist derzeit noch unklar. Berichte von Einheimischen deuten jedoch darauf hin, dass es Anfang Februar im Bereich der Horstwand zu Massenbewegungen (Eis, Schnee, Gestein) gekommen sein soll, was die Altvögel vermutlich zum Verlassen des Horstes gezwungen hat. Somit ist eine natürliche Ursache für den Brutabbruch denkbar.

 

Paar Gschlößtal

Nach dem Bruterfolg des Gschlößtaler Paares im Jahr 2023 musste für die Brutsaison 2024 erneut ein Brutabbruch gemeldet werden. Günstige Witterungsbedingungen zogen über den Jahreswechsel zahlreiche Eiskletterer in die Hohen Tauern. Am 5. Januar meldeten Nationalpark-Ranger bis zu 10 Eiskletterer in den vereisten Wasserfällen in direkter Horstnähe. Aufgrund dieser extremen Störung brachen Glocknerlady (Heiligenblut; 2012) und Pinzgarus (Rauris; 2008) die Brut in einem sehr frühen Stadium ab.
Die darauf eingeleiteten Gebietskontrollen seitens der Osttiroler Nationalparkverwaltung führten zu einem baldigen Stopp der Kletteraktivitäten im überaus sensiblen Horstbereich. Trotz der vorbildlichen und engagierten Arbeit kam es nicht zu einem Nachgelege.
Neben den Bemühungen der Nationalparkverwaltung unterstützt auch der Österreichische Alpenverein (ÖAV) den Schutz der Bartgeier. So markierte der ÖAV in den Onlinekartenwerken die sensiblen Bereiche und wies ausdrücklich darauf hin, die betroffenen Wasserfälle nicht zu beklettern. In zahlreichen Gesprächen mit Eiskletterern stellte sich heraus, dass der Appell tatsächlich Wirkung zeigte. Die Situation im Gschlößtal zeigt, dass Kletteraktivitäten im Horstbereich eine der massivsten Störungen für die Bartgeier darstellen.

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Bild: Bartgeier-Weibchen Glocknerlady; Autor: Sebastian Marko Photography

 

Bartgeier Sisi, Recka und Nepomuk in den Hohen Tauern

Das Wanderverhalten der seit 2021 im Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderten Bartgeier ist für das Greifvogel-Monitoring von großem Interesse. Bisher beflogen fast alle aus Deutschland kommenden Bartgeier die Hohen Tauern, wobei sich die Frage stellt, über welchen Zeitraum die ausgewilderten Bartgeier im größten Schutzgebiet der Alpen bleiben würden.

Die GPS-Daten des 2023 im Alpenzoo Innsbruck geborenen Bartgeier-Weibchens Sisi belegen, dass sie den Winter 2023/2024 vollständig in den Hohen Tauern verbracht hatte. In dieser Zeit beflog Sisi alle drei Nationalparkanteile, was sich sowohl anhand Senderdaten, als auch mit der Ortung durch Peilgeräte und letztendlich auch dank der Sichtungsmeldungen beweisen lässt. Derzeit ist Bartgeier Sisi in der Schweiz unterwegs.

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Grafik: Senderdaten des Bartgeier-Weibchens Sisi aus dem Winter 2023/2024; Quelle: Wildlife Monitor

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Bild: Bartgeier-Weibchen Sisi im Gschlößtal; Autor: Holger Margreiter

Ähnlich wie Bartgeier Sisi hat auch das 2022 im Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderte Bartgeier-Weibchen Recka den Winter größtenteils in den Hohen Tauern verbracht, was unter anderem mit dem Nahrungsangebot an verendeten Wildtieren (z.B. Steinböcke oder Gämsen) erklärt werden kann. Auffallend ist, dass Recka meist den Osttiroler und Kärntner Nationalparkanteil beflog, wobei sie insbesondere die Glocknergruppe präferierte. Ein möglicher Erklärungsansatz für die Präferenz wäre die Steinwilddichte, welche nachweislich im Umfeld des Großglockners am höchsten ist.
Bis auf wenige Ausnahmen verbrachte Recka auch den Sommer in den Hohen Tauern.
In Bezug auf die Senderdaten zeigte sich im Sommer ein ähnliches Verhalten, wie im vorausgegangenen Winter. Zwischen April und September präferierte Recka meist das Osttiroler Nationalparkgebiet.

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Grafik: Senderdaten des Bartgeier-Weibchens Recka aus dem Winter 2023/2024; Quelle: Wildlife Monitor

Das dank seiner Gefiedermarkierung gut erkennbare Bartgeier-Männchen Nepomuk (Nationalpark Berchtesgaden; 2023) konnte 2024 im Salzburger Nationalparkanteil lediglich in drei Meldungen nachgewiesen werden. Die restlichen fünf Sichtungsmeldungen stammen aus dem Tennengebirge.

 

Erneute Auswilderungen Nationalpark Berchtesgaden

Zum inzwischen vierten Mal wurden Ende Mai zwei Bartgeier im Nationalpark Berchtesgaden ausgewildert. Bei bestem Wetter wurden die Bartgeier Wiggerl (Zoo Helsinki) und Vinzenz (Eulen- und Greifvogelstation Haringsee) in die Auswilderungsnische transportiert.
Nur knapp einen Monat später starteten die beiden Bartgeier zu ihren Jungfernflügen. Während Vinzenz bereits am 25. Juni zu seinem ersten Flug startete, schwang sich Wiggerl wenige Tage später in die Lüfte. Ziel der Auswilderungen im Nationalpark Berchtesgaden ist die Stärkung der ostalpinen Bartgeier-Population. Zudem soll eine Expansion der Art in Richtung Osten ermöglicht werden.

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Bild: Auswilderung der Bartgeier Vinzenz und Wiggerl im Nationalpark Berchtesgaden; Autor: Matthias Lehnert

 

Bartgeier Caeli in Südtirol bestätigt

Im Dezember 2023 stellte sich heraus, dass das 2018 in Mallnitz ausgewilderte Bartgeier-Männchen Caeli seinen Sender verloren hatte. Anhand eines Fotos der Beringung konnte jedoch bestätigt werden, dass Bartgeier-Männchen Caeli wohlauf ist. Nach dem Brutbeginn Ende Januar wurde im März ein Brutabbruch gemeldet. Der Grund für den Brutabbruch konnte noch nicht sicher ermittelt werden.

 

Bartgeier in Vorarlberg

Dank der engagierten Arbeit eines Bartgeier-Freundes gingen zwischen März und Juni zahlreiche Meldungen aus Vorarlberg im Greifvogel-Monitoring ein. Dabei wurden in einem Tal im Osten Vorarlbergs mehrere Bartgeier nachgewiesen. Neben dem 2023 in Berchtesgaden ausgewilderten Bartgeier-Weibchen Sisi wurden auch immature und adulte Bartgeier beobachtet. Für Vorarlberg waren dies bisher die häufigsten Meldungen für ein festgelegtes Gebiet. Im Rahmen des Bartgeier-Monitorings besteht nun die Aufgabe darin, das Gebiet, in welchem die häufigsten Sichtungen gemeldet wurden, auf ein mögliches, bisher unbekanntes Paar zu prüfen.

 

Keine Veröffentlichung von Horstfotos

Um Bartgeier effektiver zu schützen, entschied sich der Nationalpark Hohe Tauern dazu, keine Horstfotos mehr zu veröffentlichen. Einer der Gründe für die Entscheidung bildet die Störung / Gefährdung der Vögel durch Drohnenflüge. Der Einsatz privater Drohnen stellt eine massive Störung der Bartgeier dar und kann sich negativ auf das Brutverhalten auswirken sowie zu schweren Verletzungen, verursacht durch die Rotorblätter, führen. Ein Absturz oder ein gebrochener Flügel kann das Todesurteil der Vögel bedeuten. Neben den Drohnen stellen auch Fotografen, welche in den unmittelbaren Horstbereich eindringen bzw. sich direkt unter dem Horst positionieren, eine große Störungsquelle dar.

 

Gänsegeier

Gänsegeier gelten als traditionelle Sommergäste in den Hohen Tauern. Die Monitoringergebnisse zeigen, dass der Großteil der Meldungen aus dem Salzburger Nationalparkanteil stammte, wo die Gänsegeier bevorzugt das Gebiet zwischen den Rauriser Tälern und dem Stubachtal beflogen, was u.a. mit dem Nahrungsangebot an verendeten Nutz- und Wildtieren zu erklären ist. Sowohl im Osttiroler als auch auf Kärntner Nationalparkgebiet wurden die meisten Gänsegeier im Umkreis des Großglockners gemeldet.
Anfang September wurden im Seidlwinkltal mit insgesamt 107 Vögeln die bisher höchste Anzahl an Gänsegeiern gezählt. Den Grund für die hohe Anzahl bildete ein verendetes Rind. Von großem Wert für das Monitoring war die Anwesenheit mehrerer markierter Gänsegeier. Anhand der Beinringe konnte z.B. der 2023 in Italien geborene und beringte Gänsegeier FP7 identifiziert werden. Des Weiteren konnten auch Vögel aus Bulgarien und Spanien identifiziert werden.

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Bild: Gänsegeier im Seidlwinkltal; Autor: Martina Mörtelmayr


Frühsommerliche Witterungsbedingungen führten dazu, dass einige Gänsegeier bereits Mitte April die Hohen Tauern erkundeten. Zu ihnen gehörte auch der 2019 besenderte Gänsegeier FB5. Dieser startete am 12.April aus dem Bereich der Geierstation Lago di Cornino zu seinem Erkundungsflug und erreichte in nur wenigen Stunden das Osttiroler Nationalparkgebiet. Nachdem FB5 im Bereich des Kitzsteinhorns die Nacht verbracht hatte, kehrte er zum Lago di Cornino zurück. Vermutlich gehörte FB5 zu jenen Vögeln, welche die vorherrschenden Bedingungen in den Hohen Tauern überprüften. So wurden von FB5 u.a. Bereiche im Kapruner Tal aufgesucht, welche im Sommer bevorzugt von einer großen Anzahl Gänsegeier beflogen werden. Aus den Senderdaten ergibt sich, dass FB5 nicht dauerhaft am Alpenhauptkamm blieb und stattdessen in den vergangenen Monaten zwischen den Hohen Tauern und der Geierstation am Lago di Cornino pendelte.

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Bild: Senderdaten des Gänsegeiers GypFul_FB5 vom 12. bis 13. April 2024; Quelle: Wildlife Monitor

Meldungen belegen, dass Gänsegeier unter bestimmten Bedingungen auch in der kalten Jahreszeit in Österreich einfliegen. So wurden im Lesachtal (Kärnten) zwischen Mitte November und Ende Dezember mehrfach Gänsegeier beobachtet. Mitte April wurden im Lesachtal bis zu 70 Gänsegeier gezählt. Als Gründe für diese Ausflüge können sowohl die frühsommerlichen Temperaturen in der ersten Aprilhälfte als auch die geringe Distanz zur Geierstation am Lago di Cornino im italienischen Friaul, welche nur 55 km beträgt, angesehen werden.

 

Mönchsgeier

Mönchsgeier gehören zu den seltensten Gästen der Hohen Tauern. Nicht selten werden Mönchsgeier in Gesellschaft von Gänsegeiern beobachtet, was mit der ähnlichen Nahrungspräferenz der beiden Arten zu erklären ist. In jüngerer Vergangenheit konnten einzelne Mönchsgeier in den Hohen Tauern und der daran angrenzenden Gebirgsgruppen nachgewiesen werden. In einigen Fällen konnte die Identität der Vögel anhand der Beringung oder durch GPS-Senderdaten geklärt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Tiere aus Frankreich, Griechenland oder Bulgarien stammten. Bereits im April konnte anhand von GPS-Senderdaten ein Mönchsgeier im Krumltal nachgewiesen werden. Im Juli häuften sich die Sichtungsmeldungen aus dem Bereich der Goldberggruppe (z.B. Rauriser Täler). Des Weiteren konnte auch im Osttiroler Nationalparkanteil in zwei Fällen ein Mönchsgeier nachgewiesen werden.

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Bild: Mönchsgeier (Symbolfoto); Autor: Fulvio Genero


Geschrieben von
Matthias Lehnert

25.09.2024