„Der Gletscher kann, sowohl nach Form und Gliederung als auch in Anbetracht seiner Schönheit, als Muster eines Gletschers erster Ordnung angesehen werden“
schreibt Reiseschriftsteller Josef Rabl 1882 über das Umbalkees.
Am Weg ins Umbaltal zum Ursprung der Isel (c) NPHT
Das Umbaltal erstreckt sich vom Prägratner Ortsteil Ströden bis zum Umbalkees, von einer Ausgangsseehöhe von etwa 1.400 m bis hin zu weit über 3.000 m. Es handelt sich um ein Seitental des Virgentals und befindet sich zum größten Teil innerhalb des Nationalparks Hohe Tauern. Das Umbalkees sowie die Gebiete rund um das Umbaltörl liegen zudem inmitten der Kernzone (Naturzone) des Nationalparks. Während die meisten BesucherInnen des Umbaltals die gleichnamigen Wasserfälle (Katarakte) als Ziel haben, nehmen nur wenige den weiten Weg entlang des Iseltrails (Iseltrail: Entlang des einzigartigen Flusses | Osttirol Tourismus) zum Ursprung der Isel am immer noch mächtigen Umbalkees auf sich – eine Reise ins „ewige Eis“, die wahrscheinlich nicht mehr lange in dieser Form möglich sein wird.
Die Isel im Oberlauf im Umbaltal (c) NPHT
Das Gletschertor des Umbalkeeses ist der Ursprung der Isel, ein in Zeiten des Gletscherrückgangs sich sukzessive verändernder Ort hoher Dynamik. Wurde im „Illustrierten Führer durch das Pustertal und die Dolomiten“ (1882) der Weg von der Clarahütte zum Umbalkees noch wie folgt beschrieben:
„Von der Clarahütte gelangt man in einer Viertelstunde über Moränengerölle zum Umbalgletscher, dem die Isel entquillt“
,so muss man sich gegenwärtig einer 2–3-stündigen hochalpinen Bergwanderung bis zum Umbalkees stellen. Nicht nur das Umbalkees, sondern die zahlreichen Gletscher im Einzugsgebiet der Isel und ihrer Zubringer sorgen für die mächtige Wasserführung in Form der „Gletschermilch“ in den Sommermonaten durch das beständige Abschmelzen des „ewigen Eises“. Die historisch weit zurückreichenden Messungen des Gletschermessdienstes des Österreichischen Alpenvereins sowie das sogenannte Gletscherinventar der Akademie der Wissenschaften untermauern mit Fakten besonders eindrucksvoll am Umbalkees die Veränderungen der letzten Jahrzehnte.
Die Längenmessungen des Alpenvereins (Rückgang/Vorstoß der Gletscherzunge) gehen ins Jahr 1896 zurück. Sie dokumentieren einen kumulierten Rückgang der Gletscherzunge des Umbalkeeses von über 1,5 km (bis zum Massenhaushaltsjahr 2020/2021). Der Flächenrückgang seit dem sogenannten LIA (Little Ice Age; um 1850) beträgt 40 %. Der karg wirkende Rückzugsraum des Gletschers der letzten gut 160 Jahre und der eindrucksvolle Sander im Vorfeld sind von Sukzession geprägte Lebensräume, wie man sie nur in unberührten Naturlandschaften findet.
Am Iselurspung - dem Umbalkees und Endpunkt des Iseltrails (c) NPHT
Der am Ursprung der Isel allgegenwärtige Gletscherrückgang und die Bildung neuer Lebensräume ohne menschlichen Einfluss – kein Bagger, keine Pistenraupe oder künstliche Beschneiung – wirken hier auf die Entwicklung neuer Ökosysteme ein. Speziell die Tatsache der rezent raschen Veränderungen im Hochgebirge durch den Klimawandel und die Lage im Schutzgebiet machen diese Räume nicht nur zu interessanten Forschungsfeldern zur Dokumentation der naturräumlichen Veränderungen, sondern auch zu landschaftlichen Besonderheiten einer natürlich stattfinden- den Sukzession (Prozessschutz) – gerade deshalb sollte der Mensch sein Einwirken auf ein Minimum reduzieren.